Chia – was ist dran am Superfood aus Mittelamerika?

Superfood aus Mittelamerika...

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Marmorkiesel? Nein - bei diesen "Steinchen" handelt es sich um Chiasamen (Salvia Hispanica) aus Paraguay.
Marmorkiesel? Nein - bei diesen "Steinchen" handelt es sich um Chiasamen (Salvia Hispanica) aus Paraguay.

Kleine Körnchen mit jeder Menge Power – das sind Chiasamen. Jedenfalls gilt das, solange man den Werbeversprechen der Hersteller und Importeure glaubt. Grund genug für uns, den Hype um die „Wundersamen“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Faktencheck.

Herkunft

Chia-Samen stammen ursprünglich aus Mittelamerika. Es handelt sich dabei um die Samen des Mexikanischen Chia (Salvia Hispanica), einer Salbeiart. Diese einjährige, krautige Pflanze zählt zur Familie der Lippenblütler. Etwas Phantasie vorausgesetzt, ähneln ihre Blüten tatsächlich einem Kussmund.

Der Anbau erfolgt vorwiegend in trockenen Gebieten; aufgrund der hohen Nachfrage inzwischen auch außerhalb Mittelamerikas, beispielsweise in vielen Ländern Südamerikas, in Australien, Afrika und China.

Verwendung

Seit Jahrhunderten wird Chia von den Ureinwohnern Mittel- und Südamerikas traditionellerweise für die Zubereitung von Speisen genutzt. Angeblich schworen sogar die Azteken auf Chia als Zutat in ihrer Küche.

Chia lassen sich roh oder gekocht verzehren. Ihr Geschmack erinnert entfernt an Salbei, ist jedoch alles in allem eher neutral. Daher können sie vielseitig verwendet werden und sind beispielsweise gern gesehener Bestandteil der vegetarischen oder veganen Küche:

Besonders interessant im Rahmen einer streng veganen Ernährung ist das Ersetzen von Eiern und tierischen Bindemitteln mit in Wasser aufgequollenen Chia-Samen. Sie eignen sich zum Eindicken von Suppen und Soßen bzw. für die Bereitung von Cremespeisen wie Pudding.

Je nach Rezept weicht man die Samen für ca. eine halbe Stunde in der fünf- bis zehnfachen Menge warmem Wasser ein und lässt sie aufquellen. Sie können auch mit einem Stabmixer püriert werden.

Lesetipp: In unserem Koch- und Backblog Veggie Tobi (veggietobi.de) finden Sie diverse vegetarische Rezepte mit Chia und anderem „Superfood“.

Inhaltsstoffe

Vitamine und Mineralstoffe

Die Samen enthalten Folsäure, Niacin sowie die Vitamine A, B₁ (Thiamin) und B₂ (Riboflavin) sowie diverse Antioxidantien wie Phenolsäuren. An Mineralstoffen finden sich neben Kalzium auch Kalium, Kupfer, Phosphor und Zink.

Ungesättigte Fettsäuren

Besonders hervorzuheben ist der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren mit über 28 g pro 100 g Chia-Samen. Dabei handelt es sich zum Teil um essentielle Fettsäuren, also um solche, die vom menschlichen Körper selbst nicht hergestellt werden können, sondern mit der Nahrung aufgenommen werden müssen.

Physiologischer Brennwert

Mit über 450 kcal (1.884 kJ) pro 100 g schlagen Chiasamen schnell auf den Bauch – sie enthalten damit fast so viele Kalorien wie eine Tafel Schokolade. Das liegt vor allem am hohen Fettgehalt von knapp 32 g.

Zwar quellen Chia-Samen im Körper auf und sorgen mit etwas mehr als ⅓ ihres Gewichts an Ballaststoffen für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl, doch vor allem Gewichtsgeplagte, die auf eine kalorienarme Ernährung wert legen, sollten Chia-Samen nicht im Übermaß auf ihren Speiseplan setzen.

In der Nahaufnahme sind gut die verschiedenen Marmorierungen der Chiasamen zu erkennen - von beinahe weiß über bernsteinfarben bis hin zu anthrazit. Ihr Nährstoffgehalt ist nahezu identisch.
In der Nahaufnahme sind gut die verschiedenen Marmorierungen der Chiasamen zu erkennen – von beinahe weiß über bernsteinfarben bis hin zu anthrazit. Ihr Nährstoffgehalt ist nahezu identisch.

Stichwort Allergien

Das allergische Potential von Chia wird als gering eingestuft.

Wer allerdings sensibel auf Lippenblütler reagiert, sollte lieber die Finger von Chia-Samen lassen. Dazu zählen unter anderem Minze, Rosmarin, Thymian und natürlich Salbei selbst.

Alternative Produkte

Chia-Samen sind derzeit heiß begehrt und das spürt man vor allem beim Bezahlen: Das Kilogramm Chia-Samen kostet online über 10 €, Bio-Qualität oder handlichere Verpackungseinheiten entsprechend mehr.

Da lohnt sich ein Blick auf günstigere Alternativen. Leinsamen, beispielsweise. Dieser liefert ein ähnliches Nährstoffprofil und weist auch die zuvor beschriebenen Quelleigenschaften auf. Außerdem sind sie mit ungefähr 5 € pro Kilogramm für das Portemonnaie um einiges verträglicher.

Ungesättigte Fettsäuren stecken zudem in vielen Nüssen, Avocados und Oliven (auch im Olivenöl), ebenso in Getreide und Kartoffeln.

Zulassung in der EU

In der Europäischen Union gelten Chiasamen als „neuartiges Lebensmittel“ und unterliegen daher der Novel-Food-Verordnung. Erstmals wurde Chia im Jahr 2009 von der EFTSA für verarbeitete Produkte zugelassen (das ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit).

Inzwischen sind die Samen auch abgepackt in Reformhäusern, Bioläden und Supermärkten erhältlich. Allerdings müssen diese einen Hinweis auf die maximal empfohlene Verzehrmenge von 15 g pro Tag tragen. Dieser Hinweis soll allerdings lediglich dem vorbeugenden Verbraucherschutz dienen.

Fazit: Chia ist gesund, aber…

Keine Frage, Chia-Samen stecken voller Inhaltsstoffe, die für den menschlichen Körper notwendig sind, allen voran ungesättigte Fettsäuren. Allerdings liefern sie auch jede Menge Kalorien und können so schnell die tägliche Energiebilanz ins Wanken (und den Bauch ins Wabbeln) bringen.

Bislang belegen wissenschaftliche Studien die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Chia nicht eindeutig. Es braucht hier mehr Forschung, bevor verbindliche Aussagen getroffen werden können, die über das bloße Marketingsprech der Hersteller hinausgehen.

Eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung sowie ausreichend Bewegung – das ist der eigentliche Grundsatz einer wirklich gesunden Lebensweise. Chia-Samen leisten hierfür sicher einen Beitrag, aber das tun die meisten anderen Lebensmittel auch.

Mit Chia können Sie Ihren Speiseplan durchaus bereichern, aber Wunder (in welcher Form auch immer), sind nicht zu warten. In diesem Sinn: Gesund ist, solange es schmeckt! 🙂


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: März 2019
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