Weshalb wünscht man „einen guten Rutsch“ zu Silvester und Neujahr?

Werbung
Ja, auch so kann man natürlich ins Schleudern kommen. Mit der Redewendung »Einen guten Rutsch ins neue Jahr!« ist aber definitiv etwas anderes gemeint. ;-)
Ja, auch so kann man natürlich ins Schleudern kommen. Mit der Redewendung »Einen guten Rutsch ins neue Jahr!« ist aber definitiv etwas anderes gemeint. ;-)

Die Grußformel „Einen guten Rutsch!“ zum Jahreswechsel kennt sicherlich jeder. 👋🎆🧨

Verwandte, Freunde und selbst Unbekannte auf offener Straße wünschen sich gegenseitig in der Zeit um Silvester und Neujahr eine mittelschwere Verletzung.

Zugegeben, mit „herumschleudern“ und am Ende dank eines verstauchten Knöchels ins neue Jahr zu humpeln, hat dieser Gruß natürlich rein gar nichts zu tun. Aber woher stammt die Redewendung zum gefälligen Rutschen in die kommenden zwölf Monate?

So ganz einig sind sich die Sprachgelehrten selbst nicht. Fakt ist jedoch, dass der Ausdruck Ende des 19. Jahrhunderts seinen Einzug in die deutsche Sprache hielt und von da an immer populärer wurde.

Die meisten Etymologen – so bezeichnet man Forscher, die sich mit der Herkunft von Wörtern beschäftigen – tendieren zu einer der drei folgenden Varianten:

Winterliche Postkartenmotive

Ein Massenmedium seiner Zeit waren Grußkarten mit allerlei kunstvollen Bildmotiven. Wer sich einen Urlaub in exotischen Gefilden nicht leisten konnte, freute sich über eine Postkarte und versandte selbst zu Geburts- und Jahrestagen, Feiertagen und zu etlichen anderen Gelegenheiten gute Wünsche per Post.

Natürlich galt das auch zum Jahreswechsel. Ein beliebtes Motiv waren schlittenfahrende Kinder, Menschen beim Eislaufen oder Skilanglauf. Soll heißen, alles Beschäftigungen, bei denen man ordentlich „ins Rutschen“ kommt.

Mangels sinnigerer Einfälle schrieben viele „Einen guten Rutsch!“ auf derartige Grußkarten und meinten damit einerseits viel Spaß beim Wintersport, andererseits einen reibungslosen Jahreswechsel.

Synonym aus dem Wörterbuch

In den Wörterbüchern des 19. Jahrhunderts wird der Begriff „rutschen“ nicht nur mit „gleiten“ oder „kriechen“ erklärt, sondern bezeichnet dort auch eine kurze Reise bzw. einen Ausflug.

»Ich komm morgen mal zu Dir rübergerutscht!« oder »Wir rutschen am Wochenende aufs Land!« waren durchaus gängige Redewendungen und sind sogar in der Literatur dieser Zeit belegt.

Und weil man bildhaft den Jahreswechsel auch als „gleitenden Übergang in ein neues Jahr“ betrachten kann, wünschte man sich bald auch „Einen guten Rutsch!“ und meinte damit ein möglichst reibungsloses Hineinfeiern in die kommenden zwölf Monate… ganz ohne Kater am Neujahrsmorgen. 😉

Slang aus dem Rotwelsch

Bei „Rotwelsch“ handelt es sich um einen sogenannten Soziolekt, also um die besonderen sprachlichen Eigenheiten einer sozialen Gruppe. Es verbindet Begriffe aus mehreren Sprachen, hauptsächlich romanischen Sprachen, dem Jiddischen und dem Hebräischen.

Gesprochen wurde Rotwelsch früher oft vom „fahrenden Volk“, also von Menschen ohne festen Wohnsitz, die weit herumkamen. Da auch allerlei Kleinkriminelle und Betrüger sich des Rotwelsch bedienten, kennt man diesen Soziolekt heute unter dem Oberbegriff „Gaunersprache“.

Die Wünsche zum Jahreswechsel sollen ein Wortspiel aus dem Jiddischen Gruß „Rosch ha schana tov“ („einen guten Anfang des Jahres“) darstellen. „Rosch“ wurde gesprochen wie „rusch“ und irgendwann weiter zu „rutschen“ umgeformt.


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: Dezember 2022
Wichtig: Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen und rechtlichen Hinweise für diesen Beitrag!


Werbung